kristin-sypiena1630230473 Kristin Nanu

Seit Gertruds Mann gestorben ist, ist sie psychisch am Ende. Plötzlich bekommt sie unerwartet Unterstützung von Beate. Eine Frau, die sie immer für unnahbar hielt. Doch Beate hat einen Hintergedanken...


Histoire courte Tout public.

#Tod #-Trauer #liebe #Verlust #Freundschaft #kurzgeschichte #Ehe #Leid #Mitleid #Hass
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Eine trügerische Freundschaft

„Ich.. ich bin dir sehr dankbar, dass du dir für mich Zeit genommen hast.“ Gertrud blickte auf ihren Teller, auf dem das Crossaint lag, das sie immer noch nicht angerührt hatte.

„Ach, das ist doch selbstverständlich.“ Beate setzte ihr strahlendstes Lächeln auf.

„Naja, sogar gute Freunde von mir haben sich kaum gemeldet, seitdem das passiert ist.“ Gertrud wirkte betrübt.

„Sie wissen vielleicht einfach nicht, wie sie damit umgehen sollen,“ vermutete Beate.

Daran hatte Gertrud noch nicht gedacht. Vielleicht war es für ihre Freunde auch keine leichte Sache. Vielleicht wussten sie nicht, ob sie ihr lieber Ruhe geben oder beistehen sollten. Ehrlich gesagt, wusste Gertrud oft selbst nicht so genau, was sie überhaupt wollte.

Sie schaute Beate, die immer so unnahbar wirkte, an. Jedes Mal fühlte sich Gertrud klein und unscheinbar in ihrer Nähe. Aber offenbar hatte Beate doch von Gertruds Existenz gewusst.

„Wie erging es dir denn in den letzten Tagen so?“, wollte Beate wissen.

„Ach, wie soll es einem schon ergehen? Morgens, wenn ich aufwache, da hoffe ich, dass.. dass alles nur ein böser Albtraum war. Aber dann schau ich neben mir aufs Bett und dann merke ich, dass er nicht da ist. Und dann wird mir klar, dass er nie wieder da ist.“ Gertruds Stimme war kaum mehr als ein zittriges Flüstern.

„Das muss bestimmt sehr schwer für dich sein.“ Während Beate das sagte, schaute sie aus den kleinen Fenstern des Cafes. Gertrud sollte nicht merken, dass gerade eine Träne über ihr Gesicht kullerte. Gertrud sollte nicht merken, dass es auch für sie schlimm war, dass er nie wieder da sein würde.

„Ja“, Gertrud stimmte ihr zu „das ist es.“

„Bestimmt erinnert dich auch noch alles in dem Haus an ihn, nicht wahr?“, wollte Beate wissen. Sie hatte schnell ihre Träne abgewischt und schaute Gertrud wieder an.

„Oh ja. Alles ist noch so wie zuvor. Ich… ich hab nichts verändert. Der Kleiderschrank ist überfüllt mit seinen Klamotten. Die fallen mir jeden Tag entgegen, wenn ich ihn aufmache. Im Badezimmer ist noch seine Zahnbürste. Und im Wohnzimmer, da liegt noch sein Lieblingsbuch. In dem hat er jeden Tag gelesen.“

„Vielleicht hilft es, wenn du mal seine Sachen ausmistest. Dann stolperst du nicht jeden Tag darüber und wirst nicht immer wieder von der Vergangenheit eingeholt. Ich helfe dir dabei gern.“ Langsam versuchte Beate, an ihr Ziel zu kommen. Nach einer Stunde Gejammere anhören, reichte es ihr langsam.

„Nein, das kann ich nicht machen. Das ist ein viel zu großer Schritt. Ich bekomme das nicht übers Herz. Das ist ja, als würde ich ihn aus meinem Leben auslöschen. Das geht nicht.“

„Das wäre aber bestimmt sinnvoll“, versuchte es Beate noch einmal. „Wie gesagt, ich helfe dir dabei.“

„Du bist echt zu nett für mich.“ Gertrud schämte sich dafür, dass sie Beate oft für arrogant hielt und der Überzeugung war, sie halte sich für etwas Besseres. Sie war doch eigentlich ganz nett.

Vielleicht war es auch nur Eifersucht, die Gertrud so etwas denken ließ. Bestimmt konnte Beate bei einigen Männern punkten. Das war auch kein Wunder, bei den langen blonden Haaren, die sie mindestens zehn Jahre jünger wirken ließen. Kaum zu glauben, dass die beiden Frauen im gleichen Alter waren.

Oft sogar hatte Gertrud Angst, dass ihr eigener Mann sich von Beate um den Finger wickeln ließe. Aber so etwas hätte er bestimmt nie getan.

„Okay, du musst ja nicht alles ausmisten. Wie wäre es, wenn du erst mal einfach einen Teil ausräumst? Dann hast du immer noch etwas bei dir, aber stolperst nicht überall drüber. Ich helfe dir dabei.“

Langsam fand Gertrud Beates Verhalten komisch. Warum war sie so erpicht darauf, ihr beim Ausmisten zu helfen? Naja, sie wollte wohl einfach nur freundlich und hilfsbereit sein.

„Ich fühle mich aber schlecht, wenn ich seine Sachen wegwerfe. Vielleicht hätte er das gar nicht gewollt.“ Ein hundertstes Mal fing Gertrud an zu weinen.

„Das denke ich nicht. Er hätte bestimmt gewollt, dass es dir gut geht und du nicht jeden Tag an ihn denken musst. Und wenn dazu gehört, seine Sachen zu entsorgen, würde ihm das nichts ausmachen.“ Beate versuchte wieder, ihr künstliches Lächeln aufzusetzen, aber langsam entglitt ihr die Geduld. Warum musste das so schwer sein? Sie wollte doch einfach nur das T-Shirt haben, das sie am liebsten an ihm gesehen hatte. Einfach nur das T-Shirt, das sie ihm in ihren heißen Nächten ausgezogen hatte. Das T-Shirt, dass sie selbst oft anhatte, um darin zu schlafen und ihm nahe zu sein, wenn er nicht da gewesen war.

„Was ist, wenn wir das nächste Mal bei dir einen Kaffee trinken? Ich kann mir vorstellen, dass die Wohnung bestimmt schrecklich leer ohne ihn ist.“

„Klar, das können wir machen.“ Gertrud freute sich.

Na, geht doch, dachte sich Beate. Hauptsache, ich komme schon mal in die Wohnung. Das T-Shirt werde ich dann auch noch irgendwie bekommen.

29 Août 2021 19:00 0 Rapport Incorporer 0
À suivre…

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