kristin-sypiena1630230473 Kristin Nanu

Die 25-Jährige Layla hat die wohl schwerste Entscheidung ihres Lebens zu treffen. Sie würde sich am Liebsten aus der Verantwortung ziehen, aber das geht nicht. Alles liegt an ihr und daran, was sie in den nächsten Minuten sagt.


Histoire courte Tout public.

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Eine folgenschwere Entscheidung

„Frau Amman, ich weiß, dass dies sehr schwer für Sie ist, aber irgendwann müssen sie sich leider entscheiden.“ Der Arzt schaute die junge Frau, die aufgrund ihres zierlichen Körpers und ihrer geringen Größe von nur 1,55 Metern viel jünger wirkte, als sie war, teilnahmsvoll an.

Normalerweise fühlte sich Layla gekränkt, wenn sie jünger geschätzt wurde und mal wieder ihren Ausweis beim Kaufen von Bier zeigen musste. Sie war stolz, eine erwachsene Frau zu sein und Eigenverantwortung für ihr Leben zu tragen. Doch in diesem Moment wollte sie einfach wieder ein Kind sein. Als Kind musste sie keine schweren Entscheidungen treffen. Keine Verantwortung tragen. Sie konnte einfach unbeschwert leben, ohne zu überlegen, welche Konsequenzen das eigene Handeln hatte. Doch nun lag alles in ihrer Hand.

„Leider“, dachte sie in diesem Moment, „bin ich nun erwachsen“. „Auch, wenn ich mich gerade schwach und hilflos fühle.“

Eine Träne kullerte über die Wange der sonst so starken Frau. Schwäche vor anderen Menschen zu zeigen, war normalerweise ein absolutes Tabu, wie sie empfand.

Auch, wenn sie einmal vor etwas Angst hatte oder traurig war, überspielte sie dies stets und tat auf cool. Alle bewunderten sie für ihre Stärke, die sie auch in ihrem größten Hobby, dem Thaiboxen, ausdrückte. Aber nun, in dieser Situation, wollte sie nichts vorspielen. Auch ihr Vater wäre davon nicht begeistert gewesen. Er war immer der Meinung, man müsste seine wahren Gefühle und seine Verletzlichkeit zeigen.


Alles lag nun an ihr. Sie hatte ein menschliches Leben in den Händen. Doch konnte man das überhaupt noch Leben nennen? Wenn man auf die Ärzte hörte, dann nein. Ihr Vater war bereits tot. Hirntot. Auch, wenn das Herz noch schlug. Das Herz, das Layla in den letzten 25 Jahren alle Liebe geschenkt hatte, das es in sich trug. Nachdem Laylas Mutter vor 18 Jahren von ihnen ging, tat ihr Vater alles dafür, dass es Layla gut ging.Nie musste sie mit einem anderen Menschen diese Liebe teilen, auch wenn sie ihm gewünscht hätte, wieder eine Frau zu finden und glücklich zu sein. Allerdings sagte er stets, dass Laylas Mutter die einzig wahre Liebe seines Lebens gewesen sei und keine andere Frau an sie herankommen würde.


Layla wollte einfach nicht daran glauben, was die Ärzte sagten. „Das kann nicht sein“, hatte sie immer wieder und wieder zu ihnen gesagt. Sie kannten ihn nicht. Sie wussten nicht, was er für ein Mensch war und dass er sich aus jeder Krise wieder hoch kämpfte.

In dieser Hinsicht war er wie Layla. Ihre kämpferischen Fähigkeiten hatte sie von ihm.

Auch aus dem Koma würde er sich heraus kämpfen und wieder der alte, lebensfrohe und humorvolle Mann werden, der er vorher einmal war, redete sich Layla ein.

Sie wollte der Wahrheit einfach nicht ins Gesicht blicken.

In ihren Erinnerungen war er noch so lebendig. In ihren Träumen, die sie jede Nacht von ihm hatte, kam es ihr so vor, als wären sie real. Und jeden Morgen war die Enttäuschung groß, wenn die Realität sie einholte.

Sie konnte und wollte nicht glauben, dass nun alles vorbei war. Jeder schöne Augenblick, jeder Moment, den sie gemeinsam verbracht hatten, sollte der Vergangenheit angehören.

„Alles ist meine Schuld“, sagte sich Layla zum hundertsten Mal. „Wäre er bloß nicht zu meinem Wettkampf gefahren.“ Er hatte viel zu tun an diesem Tag und konnte daher erst sehr spät aufbrechen. Nie hatte er einen Boxkampf von ihr verpasst und wollte es vermutlich auch nicht an diesem Tag. Sie schämte sich, wenn sie daran dachte, wie sauer sie war, als sie ihren Vater nirgends entdecken konnte. Enttäuschung hatte sich in diesem Moment in ihr breit gemacht und sie verlor seit sieben Jahren das erste Mal wieder einen Kampf. Als sie später die Nachricht von dem Unfall erhielt, brach die vorher heile Welt der 25- jährigen in tausend Stücke zusammen.


Plötzlich kam ihr, wie aus dem Nichts, eine alte Erinnerung. Endlich erhielt Laylas chaotische Gedankenwelt Licht.

In ihrer Erinnerung war sie noch ein kleines Kind und stand mit ihrem Vater vor dem Grab der Mutter. Ihr Vater sagte zu Layla: „Irgendwann ist von uns allen die Zeit abgelaufen. Jeder stirbt einmal. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir im Himmel wieder vereint sein werden. Du, deine Mutter und ich.“

Die Stimme des Arztes holte Layla wieder von ihren Gedanken zur Realität zurück. „Frau Amman, wie ich bereits sagte, Sie müssen sich irgendwann entscheiden, es tut mir leid.“ Er hatte bereits sehr viel Geduld für Layla, die ihre Meinung alle paar Minuten änderte, mitgebracht. Sie war ihm dafür innerlich sehr dankbar und wusste dies zu schätzen.

Am liebsten würde sie ihn in die Arme nehmen. Auch das war für Layla selten, die körperliche Nähe so gut es ging vermied. Doch nun war alles anders und ihre Gefühlswelt spielte verrückt.

Sie war die ganze Zeit einfach hin- und hergerissen gewesen. Auf der einen Seite wollte sie ihn nicht weiter quälen und ihn erlösen, auf der anderen Seite konnte sie ihn einfach nicht loslassen und aufgeben. Er hatte auch nie aufgegeben.

Doch diese alte Erinnerung, die Layla gerade hatte, löste nun eine endgültige Entscheidung in ihr aus. Und diesmal war sie sich sicher.


„Ich habe mich nun entschieden,“ sagte sie.

1 Juillet 2023 13:44 0 Rapport Incorporer Suivre l’histoire
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La fin

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