Histoire courte
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Der Feldtext

Ganz langsam wechselt das blasse Schwarz hin zum grellen, weißlichen Licht dieses enorm heißen Tages. Tatsächlich sieht es so aus, als wäre es heiß, aber du rennst, als ob es gerade so angenehm wäre, dass man noch rennen könnte. Ich versuche dein Tempo zu halten, beobachte deine wippenden Haare über goldgelben Halmen und folge ihnen. Das einzige wahrnehmbare Geräusch ist dein Lachen, es hallt wider und wider und wider. Obwohl sich die Atmosphäre dicht an meine Haut presst, kann ich endlich schneller rennen und dich einholen. Doch du wolltest bloß stehen bleiben; du bist nicht einmal außer Atem. Kurz verschwimmst du zu den Farben, aus welchen alles an dir bestand – das lila deiner Couch schwappt über zum Blau deiner Augen. Sie treffen meine und ein Schmerz durchfährt mich, ich will nicht schreien, aber meine Existenz ist eine Tortur. Du drehst dich vollständig zu mir um. Die gelben Halme fallen nieder, alles ist kahl. Ich weiß noch nicht, was ich dir diesmal sagen kann, aber dann beginnst du bereits. Deine Worte prasseln auf mich ein und jetzt spüre ich deinen Regen endgültig am ganzen Körper – er ist extrem kalt, kälter als all das, was man als Kind als kalt empfunden hat. Deine Stimme ist nur ein Hauch im Nichts, die Worte schon so abgetragen wie meine Schuhe, aber ich kenne jedes davon auswendig. Ich höre mich diese eine Frage fragen, aber sie geht an mir vorbei, verebbt in der Stille des endlos kahlen Feldes. Nein. Dieses eine Wort hört sich im Gegensatz zu allem anderen hier an wie ein Schrei, doch auch er kommt von weit weg. Ich sehe deine schwarzen Umrisse, zumindest das, was ich als Umriss identifizieren kann. Ich fixiere deine Augen, warte darauf, dass sie mir etwas Anderes sagen können, doch sie spiegeln deine Worte wider – zusammen mit dem Schmerz, den du auszudrücken nicht in der Lage bist. Ich beobachte das Rot, welches sich allmählich von deinen unteren Wimpern hinauf in dein Auge wagt. Vielleicht hätte ich etwas sagen können, anders reagieren, doch ich stehe nur da und beobachte dich; misstraue dir. Und auch deine roten Augen wollen mir keine Gewissheit geben. In mir ist nichts, kein Schmerz, keine Angst. Die Uhr zeigt mir, dass mir nur noch zehn Minuten bleiben. Zehn Minuten, die meine nächsten Jahre drastisch beeinflussen könnten – oder die zehn Minuten, die so ablaufen werden, wie sie abgelaufen sind. Doch jetzt gehst du, machst mir klar, dass du nicht wiederkommen wirst - dann bist du weg. Noch ein paar Mal kehre ich zum leeren Acker zurück, umgepflügt; nichts erinnert mehr an die reifen Früchte des Sommers. Manchmal erinnere ich mich noch an dich, weißt du, manchmal denke ich sogar, du könntest ihn ebenso aufsuchen. Doch ich weiß, dieser Platz hier ist nur für mich reserviert, ein endloses, sonniges Fetzchen, und deine Stimme hallt im Wind, und ich gehe ihr nach und laufe doch stetig nur im Kreis. Ich werde gehen, aber dieses Feld im Sommer in Erinnerung behalten, mit all seinen widersprüchlichen Erscheinungsformen. Du fragst dich vielleicht, wo du bleibst, doch der Wind ist verstummt und da du nicht mehr auftauchst, kann ich deine Silhouette nicht mehr von der anderer Menschen unterscheiden. Ich sonne mich allein auf einem fruchtbaren Feld. Die Temperatur schwankt noch, mal ist es eisig kalt, nur selten ist mir warm genug. Doch wenigstens erdrückt mich die Luft nicht wie in unseren letzten zehn Minuten. Manchmal sehe ich einen Schatten wie einen Geist am Rande entlanggehen, doch er macht mir keine Angst mehr. Ich habe mich an seine Existenz gewöhnt.

26 Août 2021 11:30 0 Rapport Incorporer Suivre l’histoire
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La fin

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