Ich wusste es. Ich wusste dass er es war. Das markante Gesicht, die graublauen Augen und der auffallend elegante Kleiderstil. Er konnte es nur sein. Ich zweifelte nicht an meinem Vorhaben. Zu leicht war es es sich diesmal wieder entgehen zu lassen. "Aurel, wir fahren an die Küste. Zum Turm", sagte ich entschieden. Es war ein langer Weg. Außerdem wusste ich dass es nicht mehr lange dauern würde, bis es dunkel wurde. "Oui, ma beauté", er nickte und fuhr los.
Es war spät, als wir dort ankamen. Fast schon Mitternacht. Der Mann hatte sich vorgestellt. Bis jetzt lief alles nach Plan. Er hieß Victor Lagier. Ein schweigsamer Schönling. Als wir ankamen kniff er den sinnlichen Mund zu einem erkennbar, schmalen Strich zusammen. Stirnrunzelnd ließ er den Blick über die einsame Hütte direkt am Meer schweifen. Ich wusste jetzt schon, dass es ihm nicht sonderlichgefiel. Gut so! Sollte er sich nur unwohl fühlen. Wir stiegen aus dem Mercedes. Aurel umarmte mich. "Prends soin de toi, ma belle", er sah mir in die Augen. Dann tat er etwas, was er noch nie gemacht hatte. Er gab mir einen sanften, unbeholfenen Kuss auf den Mund. "Pass auf dich auf", er strich mir zärtlich über den Nacken. Als er mich nochmals küssen wollte, drehte ich mich entschieden weg. "Ist gut ", meinte ich lächelnd. Dennoch wäre ich ihm am liebsten dankbar um den Hals gefallen und wäre keinen Schritt weiter gegangen, doch wir wurden beobachtet. Victor stand etwas abseits, etwa zwanzig Meter von uns entfernt vor der Hütte. Der Wind fuhr durch sein helles, gelocktes Haar und er sah einfach zu gut aus. Er richtete sich den Kragen, seines schwarzen Mantels glatt und kniff die Lippen zusammen. Uneitel war er nicht. Sein Kleiderstil sprach ja davon ganze Bände. Aurel folgte meinem Blick. "Der Mann ist gefährlich Mademoiselle, tu le sais. Bitte", flüsterte er. Er sah mir ein letztes Mal in die Augen. Aurel wusste einiges über mich. Auch dass ich in Paris geboren wurde und ich perfekt französisch verstand, aberniemals mehr in meinem Leben sprechen wollte. Ich glaubte manchmal das ermehr über mich wusste, als er zugab. Er stieg ins Auto. "Du weißt es", wiederholte er seine Feststellung schneidend. Ich nickte. Als er weg fuhr, sah ich es. Er hatte es mir in die Manteltasche gesteckt. Ich lächelte verhalten und eilte zu Victor hinüber. "Da bist du ja", er lächelte reduziert. Seine Augen wirkten dabei aber recht freudlos. "Ja", ich schloss die Hütte auf. Plötzlich fasste er mich an der Hand. "Diana?", ich zuckte zusammen. Er hatte es wohl bemerkt. "Ist kalt hier", meinte er daraufhin leise. Irgendetwas hatte er wohl sagen wollen. Es war mir nicht entgangen. Ich sah ihm in die Augen und nickte und stieß mit einem Ruck die Haustür auf. Die Angeln der Tür quitschten. Aurel hatte sie nicht geölt. Ärgerlich erinnerte ich mich an meine Anweisung. "Vergiss nicht das quitschen der Tür zu verringern." Er hatte eifrig genickt. "Natürlich, Mademoiselle." Geknickt sah ich zu Victor hoch. "Es hätte schöner sein können, ich weiß." Er zog die Hand zurück. Der Sturm heulte lauthals im Gebälk der alten Hütte. Mir glitten kalte Schauer über den Rücken. Heute Nacht würde ich alleine mit ihm hier sein. Alleine. Es beunruhigte mich."Diana?", zögerlich drehte ich mich zu ihm um. Er hatte Holz in den Ofen gelegt und zündete eben mit einem Streichholz, welches neben dem Ofen lag, das Holz an. Doch es wollte nicht wirklich brennen. Zögerlich, fast schon zaghaft züngelten die Flammen um das Geäst. Es war eine nette Geste empfand ich im selben Augenblick, wenn auch etwas argwöhnisch. "Ich will dich was fragen", sagte er viel sagend.
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